Dokumentarfilm von Lisa Gerig
CH 2023, DCP, OV/d/f, 81’, ab 12 Jahren
Vier abgewiesene Asylbewerber:innen durchleben die Anhörung des Staatssekretariats für Migration (SEM) zu ihren Fluchtgründen noch einmal. Wer es schafft, von der persönlichen Gefährdung im Heimatland glaubwürdig und widerspruchsfrei zu erzählen, hat bessere Chancen auf einen positiven Asylbescheid. Wird es den Befragten gelingen, ihre traumatischen Erlebnisse so zu schildern, dass sie den offiziellen Kriterien genügen?
Durch einen einfachen Rollentausch werden im Anschluss die Machtverhältnisse umgekehrt, und die Mitarbeitenden des SEM beantworten die Fragen der Asylsuchenden. Dieser erhellende Perspektivenwechsel ermöglicht es den Asylbewerber:innen, die Angestellten der Schweizer Verwaltung danach zu fragen, was es für sie bedeutet, «auf der anderen Seite» zu stehen – ausgestattet mit der Macht, über das Schicksal des Gegenübers zu entscheiden.
«Die Anhörung» wurde Ende Januar 2024 für den Schweizer Filmpreis nominiert und an den Solothurner Filmtagen mit dem Hauptpreis Prix de Soleure ausgezeichnet. Im 2023 erhielt er zudem den Zürcher Filmpreis für den besten Dokumentarfilm, mit der Begründung der Jury: «Der Film gibt Einblick in eine Welt, die man sonst nicht sieht: ein formalisierter staatlicher Prozess, bei dem es um Existenzen geht. Der Filmemacherin gelingt es ohne Pathos, die auf beiden Seiten bestehende Menschlichkeit, die Biografien der Protagonisten und deren Emotionen zu zeigen, ohne vorzuführen oder zu urteilen. Der kluge Umkehrprozess des Spiels wird zur unerwarteten Methode, welche die Perspektiven verrückt und Empathie erzeugt – ein Schlüsselmoment angesichts des europaweiten Rechtsrucks und der damit verbundenen Verschärfung des Asylrechts. Das Geschehen wird von einer zurückhaltenden Kamera parallelisiert, und fügt sich mit dem subtilen Einsatz der Musik zu einem sinnstiftenden Ganzen.»
Fr, 26.1.: Im Anschluss an den Film Gespräch mit Lisa Gerig (Regie), Pascal Onana (Protagonist), Markus Egli (Solinetz Winterthur), moderiert von Lukas Tobler (Journalist WOZ).