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Insulaner (Insulaire)

Dokumentarfilm von Stéphane Goël

CH 2018, DCP, OV(D)/f, 92', ab 12 J.

Rund 600 Menschen leben auf der winzigen chilenischen «Robinson Crusoe»-Insel, die 1574 entdeckt und teils als Häftlingsinsel genutzt wurde. Sie sind Nachkommen des Berner Aristokraten Alfred von Rodt, der sich 1877 mit ein paar Männern auf dem unwirtlichen Eiland niedergelassen und jahrzehntelang versucht hat, dieses nutzbar zu machen. Wie es ein direkter Nachfahre von Rodts ausdrückt, habe es ein «hohes Niveau an Wahnsinn» gebraucht, um an diesem Ort ein neues Leben – ja gar eine Kolonie – gründen zu wollen. Die Insel verfügt über 4% bewohnbare Inselfläche, eine Hauptstrasse namens De Rodt sowie einer Brombeeren- und Kaninchenplage. Ein Grossteil der Insulaner* innen lebt von Langustenfang und Tourismus und hält – stolz auf die helvetische Abstammung – an Schweizer Traditionen fest. Ein schmunzelnder Blick auf Schweizer*innen von ganz weit her – mit Pedro Lenz’ Erzählstimme.

«Gekonnt und stimmig vermischt Goël fiktionalisierte aber auf Briefen aus dem Berner Burgerarchiv basierende Aufzeichnungen von Rodts mit Aussagen seiner direkten Nachfahren. In der deutschen Filmfassung liest Autor Pedro Lenz aus den poetischen Aufzeichnungen (Antoine Jaccoud), in der französischen Originalversion Mathieu Amalric. Die stringente Verwebung der beiden Erzählstränge fördert Stück für Stück die Phasen von Identitätsbildung zu Tage: Waren es anfangs Abenteurer jeglicher Abstammung, die sich für eine karge Abgeschiedenheit entschieden – sind heute deren Nachfahren besorgt um ihre Privilegien. Neuankömmlinge nennen sie wie die invasive Plage, die diese vom Festland mitgebracht haben: «Plasticos». Doch Jaccouds Text verdeutlicht: «Diese Verbindung mit dem Kontinent war unsere Nabelschnur. Man wollte sie durchschneiden […] Weil man sich einbilden wollte, das Inseldasein bedeute vor allem Unabhängigkeit.» Mit dieser mehr beobachtenden als wertenden Darstellung macht Goël das, was er filmisch am besten kann: Er beleuchtet feinfühlig Kämpfe und Grenzen einer utopischen Idee und bringt sie mit der Schweiz in Zusammenhang.» (Katja Zellweger, Cinema #64)

Fr, 12. April: Regiegespräch mit Stéphane Goël, moderiert von der Filmwissenschaftlerin Franziska Trefzer.

Insulaner (Insulaire)
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