Dokumentarfilm von Halina Dyrschka
Deutschland 2019, DCP, OV/d, 93'
Wie kann es sein, dass eine Frau Anfang des 20ten Jahrhunderts die abstrakte Malerei begründet und niemand davon Notiz nimmt? Müsste die Kunstgeschichte umgeschrieben werden? Wenn es um abstrakte Malerei geht, sind Kandinsky, Mondrian oder Malewitsch bekannte Namen; und Kandinsky hat auch das «allererste» Bild der abstrakten Malerei aus dem Jahr 1911 für sich proklamiert. Bis die Kunstwelt vom umfassenden Werk der schwedischen Künstlerin Hilma af Klint (1862–1944) überrascht wurde, die der Nachwelt Jahrzehntelang verborgen blieb. Aus ihrer Sammlung, die 1’500 abstrakte Gemälde umfasst, stammte das erste aus dem Jahr 1906.
Hilma af Klint entstammt einer adligen Familie und studiert als eine der ersten Frauen Malerei an der Königlichen Kunstakademie in Stockholm. Sie beginnt ihre künstlerische Laufbahn als erfolgreiche Porträt- und Landschaftsmalerin. Um die Welt besser zu verstehen, beschäftigt sie sich mit Biologie, Astronomie und der Relativitätstheorie und als Zeit ihres Lebens Sinnsuchende auch mit Spiritismus, Theosophie und Anthroposophie, was ihr Schaffen radikal wandelte.
Der Dokumentarfilm macht sich auf die Spuren nach dieser Kunstpionierin. Die cineastische Annäherung gibt Einblick in einen faszinierenden Kosmos aus einzigartigen Bildern und Notizen, mit der Hilma af Klint das Leben jenseits des Sichtbaren erfassen wollte. Die freiheitsliebende und zielstrebige Frau verfügte, dass ihr Werk erst 20 Jahre nach ihrem Tod zu sehen sein sollten. So kommt es, dass erstmals im Jahr 2013 unter anderem das Moderna Museet in Stockholm in der Ausstellung «Hilma af Klint – Eine Pionierin der Abstraktion» Teile ihres grossen, grossformatigen, bunten und mystischen Werks zeigte. Jüngst erschien das Buch «Hilma af Klint – Die Menschheit in Erstaunen versetzen» von Julia Voss (Protagonistin im Film, Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Leiterin des Kunstressorts).
«Mit kenntnisreichen Auskünften – auch aus ihren eigenen Aufzeichnungen, einer inspirierten und atmosphärischen Kameraführung und inszenierten Impressionen zum Schaffensprozess gelingt das lebhafte und verblüffende Porträt einer von der männlich dominierten Kunstgeschichte ignorierten Pionierin.» (Ingrid Bartsch, Choices.de)