Spielfilm von David Lynch, mit Bill Pullman (Fred Madison), Patricia Arquette (Renée Madison / Alice Wakefield), Balthazar Getty (Peter Raymond Dayton), Robert Blake (Mystery Man), Natasha Gregson Wagner (Sheila), Richard Pryor (Arnie) u.a.
US/Frankreich 1997, Digital HD, E/d, 135’
Der Jazz-Saxophonist Fred verdächtigt seine Frau Renée der Untreue und verfängt sich in Eifersucht und Misstrauen, zudem plagen ihn Unsicherheiten in seiner Männlichkeit. Bald findet das Ehepaar einen Umschlag auf der Eingangstreppe, darin eine VHS-Kassette mit Aufnahmen aus dem Inneren ihres Hauses, auf denen sie schlafend in ihrem Bett liegen. Als auch noch der rätselhafte «Mystery Man» die Szenerie betritt, beginnen sich Zeit und Raum aufzulösen, und der Film entwickelt sich vollends zu einer faszinierend-dunklen Halluzination.
Mitten im Film meint eine Figur zur anderen: «Captain, this is some spooky shit we got here.» und bringt es damit auf den Punkt. «Lost Highway» ist ein Psycho-Thriller, der die Grenzen zwischen Traum und Wachzustand, Halluzination und Realität, Schuld und Paranoia irritierend und fesselnd zugleich verschwimmen lässt. Er zieht das Publikum nicht nur mit seiner Handlung in den Bann, sondern – und vielleicht vielmehr – als Gesamtkunstwerk. Sorgfältig komponierte Bilder, stimmungsstarke Locations fliessen zusammen mit einer Tonspur, welche das «Lynch-typische» der filmischen Atmosphäre vollendet. Lynch-Stammkomponist Angelo Badalamenti steuert mit melancholischem und düsterem Noir-Jazz den Original-Score für den Film bei und setzt damit schon eine charakteristische Note. Lynch selbst zeichnet sich für das Sounddesign verantwortlich, das insbesondere dann in den Vordergrund tritt, wenn der Film surreal, traumartig oder bedrohlich wird. Sein Sounddesign besteht aus unheimlichen Geräuschflächen, tiefem Brummen, verfremdeten Stimmen oder subtilen Klangeffekten. Trent Reznor schliesslich – Frontman, einziges ständiges Mitglied und Mastermind der Industrial-Band «Nine Inch Nails» und heute zweifacher Oscar-Gewinner für den besten Soundtrack – erhielt damals von Lynch den Auftrag, den Soundtrack von «Lost Highway» als Kurator und Produzent zu gestalten. Reznor vereinte dabei eigene Stücke mit jenen anderer Industrial-Bands der 1990er-Jahre sowie gestandenen Grössen wie Lou Reed oder David Bowie und verschaffte dem Werk damit eine weiter Dimension auf der Soundebene. Nicht zuletzt damit lädt der Film auf einen eindrucksvollen Trip in die 1990er-Jahre ein, in dem Lynch seine urtypische Autorschaft mit dem postmodernen Kino vereint.