Dokumentarfilm von Nina Stefanka
Schweiz 2020, DCP, I/d/f, 86’, ab 12 Jahren
Issa, Bubu, Drissa, Sekou, Yassine und Alassane sind aus Westafrika auf das europäische Festland geflüchtet und warten hier – zwischen Rom und Kalabrien – auf eine Aufenthaltsbewilligung. Die Schweizer Regisseurin Nina Stefanka hat die sechs westafrikanischen Migranten während eines Jahres begleitet und zeigt deren prekäres Dasein in ständiger Ungewissheit. Dabei schafft sie eine unvergleichliche Nähe, die von grossem Respekt gekennzeichnet und auch in den heikelsten Situationen nie voyeuristisch ist. «Miraggio», was für «Trugbild» steht, ist ein aufrüttelnder und dringlicher Kommentar zur Flüchtlingskrise.
Dass «Miraggio» so tief in Lebenswelten einzutauchen vermag, wie sie noch kaum je im Kino zu sehen waren, ist vor allem das Verdienst eines Mannes: Maouka Sékou Diabaté. Der aus der Elfenbeinküste stammende Dolmetscher lebte seit den 1980er-Jahren in Rom und arbeitete dort für die Flüchtlingshilfe. Er war es, der Nina Stefanka, mit der er seit Langem befreundet war, den Zugang zum Leben dieser Menschen ermöglichte, die – obschon dauerpräsent in den Medien – selbst kaum so ungefiltert zu Wort kommen wie hier. Ursprünglich wollte die Regisseurin Maouka Sékou Diabaté ins Zentrum stellen, da sie dank ihm ihren ersten Kinodokumentarfilm drehen konnte. Doch Ende Februar 2020, als sie gerade mit der Montage begonnen hatte, starb Maouka Sékou Diabaté unerwartet als eines der ersten Corona-Opfer in Rom. Ganz bewusst verzichtete Nina Stefanka auf Szenen mit ihm, obwohl sie ihm den Film gewidmet hat. Denn es sollte, wie sie erklärt, kein Film über einen Verstorbenen werden, sondern einer, der – bei aller Härte – das Leben derer feiert, die gezwungen sind, im Verborgenen zu leben.