Spielfilm von Stina Werenfels, mit Michael Neuenschwander (Hanspeter), Susanne-Marie Wrage (Philip), Bettina Stucky (Sue) u.a.
Schweiz 2006, 35mm, Dialekt/d/f, 96’
An einer Grillparty schwitzen die Gäste in der flirrenden Hitze und machen sich die Abgründe im Schweizer Finanzmilieu auf. Hans-Peter lädt seinen Chef und den neuen Mitarbeiter in seine moderne Villa an der Zürcher Goldküste ein. Was mit den üblichen Angebereien beginnt, wird immer emotionaler, bis die makellosen Fassaden fallen. Stina Werenfels nimmt 2006 die Finanzkrise von 2008 vorweg und zeichnet ein eindringliches Bild der korrupten und testosterongeladenen Bankerszene, das mit Blick auf jüngere Skandale nichts an Aktualität eingebüsst hat.
«Sie habe untersuchen wollen, was geschehe, wenn Männer der Finanzwelt ihre dort antrainierten Handlungsweisen in ihre Familien hineintragen, so hat sich Stina Werenfels zu ihrem Drama geäussert. […] Dramaturgisch gesehen funktioniert ‹Nachbeben› nach einem ähnlichen Muster wie ‹Festen›, Thomas Vinterbergs Dogma-Drama, denn hier wie dort bricht im Verlaufe eines Abends eine Welt zusammen, werden Fassaden und Lebenslügen effektvoll zu Kleinholz gehauen. […] Die Kameraarbeit von Piotr Jaxa mit ihrem differenzierten Spiel zwischen Nähe und Distanz […] wirkt bei aller Beweglichkeit und vorsätzlichen Spontaneität kontrolliert und dabei hochästhetisch. Mit Susanne-Marie Wrage, Bettina Stucky und Michael Neuenschwander überzeugt zudem ein tolles Ensemble ausgewiesener Theaterschauspieler, die den Dialogen den Eindruck von grosser Spontaneität und Lebendigkeit geben […]. Das ist auch ein Resultat der Produktionsweise, die den Schauspielern noch bei den Dreharbeiten viel Freiheit und Mitgestaltungsmöglichkeit zugestand. In seiner exzellenten Schauspielführung, der dramaturgischen Dichte und inhaltlichen Kompromisslosigkeit, ja Härte ist ‹Nachbeben› deshalb einer der stärksten Schweizer Filme seit langem.» (Kathrin Halter, filmbulletin.ch)
Rückblickend auf den Film schrieb Stina Werenfels dem Kino Cameo: «‹Nachbeben› – mein erster Spielfilm in Kinolänge: Eine grosse Freiheit lag in der Luft: Ich war frei von allen Zwängen, die das Filmemachen begleitet. Darum ist er wild geworden. Das strahlt er – finde ich – immer noch aus.»
Mi, 2. März, 19.30 – 20.30 Uhr: Podium «Women Talk Film». Im Anschluss um 21 Uhr: «Nachbeben».