Spielfilm von Céline Sciamma, mit Adèle Haenel (Héloïse), Noémie Merlant (Marianne), Luàna Bajrami (Sophie), Valeria Golino (La Comtesse) u.a.
Frankreich 2019, DCP, OV/d, 119', ab 12 J.
Die junge Malerin Marianne wird Mitte des 18. Jahrhunderts mit einem Ruderboot auf eine kleine Insel in der Bretagne gebracht, um die adelige Héloïse zu porträtieren. Diese wurde von ihrer Mutter aus dem Kloster geholt, um in Mailand den Mann zu heiraten, der für ihre tödlich verunfallte Schwester vorgesehen war. Doch Héloïse weigert sich, Modell zu stehen, und widersetzt sich damit indirekt der Hochzeit selbst. Marianne bleibt nichts anderes übrig, als sich als Gesellschafterin auszugeben und auf gemeinsamen Spaziergängen auf den Klippen und am Strand die junge Frau genau zu studieren, damit sie am Abend heimlich aus der Erinnerung malen kann. So werden die beiden jungen Frauen zu Vertrauten, zwischen denen sich eine zurückhaltende, sinnliche Intimität herstellt. Als die Mutter für ein paar Tage verreist und die beiden alleine mit der jungen Zofe Sophie auf dem Landgut zurückbleiben, zeigt die Regisseurin Céline Sciamma eine der schönsten Darstellungen weiblicher Kameradschaft, in die sie Erfahrungen, Traditionen und Rituale des 18. Jahrhunderts packt. Darunter auch zwei Momente voller Tabus – der Beginn einer Menstruation und eine Abtreibung – und uraltes, weises Wissen, wie mit beidem umgegangen werden kann.
Nach «Tomboy» und «Bande de filles» hat Céline Sciamma mit den brillanten Hauptdarstellerinnen Noémie Merlant und Adèle Haenel eine historisch akkurate Emanzipations- und feine Liebesgeschichte geschaffen, mit der sie in Cannes mit der Queer Palm und der Palme für das beste Drehbuch geehrt wurde.
«Es sind nicht nur der Titel und ein paar der ersten Einstellungen, welche Jane Campion, ‹The Piano› und ‹Portrait of a Lady› evozieren. Campions humanistischer Feminismus ist in seiner ganzen solidarischen Selbstverständlichkeit eine der Grundnoten dieses zutiefst liebevollen, unglaublich durchdachten Films. Eine zweite Ebene ist die Auseinandersetzung mit künstlerischen Konventionen und den Restriktionen, welche sie den Frauen auferlegen. Und mehr noch mit den Möglichkeiten, sich darüber hinwegzusetzen. ‹Portrait de la jeune fille en feu› ist so einfach wie komplex, so anspielungsreich wie leicht verständlich, und so unglaublich voll mit strahlender, schmerzlicher Schönheit, dass man sich fast fürchtet, bald einen weiteren Film anzusehen. Er kann nur abfallen gegen dieses runde, herzliche, herausfordernde und liebevoll verspielte Kunstwerk.» (Michael Sennhauser, Sennhausersfilmblog.ch, 19. Mai 2019)