Spielfilm von Hirokazu Kore-eda, mit Lily Franky (Osamu Shibata), Ando Sakura (Nobuyo Shibata), Matsuoka Mayu (Aki Shibata), Kiki Kilin (Hatsue Shibata), Jyo Kairi (Shota Shibata), Sasaki Miyu (Yuri)
J 2018, DCP, OV/d, 121‘
Nach einer Lebensmittel-Diebstahltour nehmen Osamu und sein Sohn Noboyo auf dem Heimweg ein verwahrlostes Mädchen mit nach Hause, das sie alleine auf einer Terrasse im winterlichen Tokyo vorfanden. Obwohl sich Osamus fünfköpfige Familie am Rande des Existenzminimums befindet, schenken sie der Kleinen Geborgenheit und Liebe. Doch das fröhliche und unbeschwerte Zusammenleben findet durch einen Unfall, der ein Geheimnis zutage bringt, ein jähes Ende. Hirokazu Kore-edas feinfühliger Gewinner der goldenen Palme (Cannes 2018) wirft die Frage auf, was eine Familie zu einer solchen macht.
Oberflächlich betrachtet scheint alles recht gewöhnlich: Eine Grossmutter, ihre beiden erwachsenen Töchter sowie der Mann der einen und der kleine Sohn des Paars leben unter einem Dach auf engstem Raum zusammen. Kore-eda enthüllt erst allmählich, was diese Menschen tatsächlich miteinander verbindet. Meisterhaft leicht und subtil erzählt er in «Shoplifters» von der Doppelmoral einer widersprüchlichen Nation. Auf der einen Seite eine gefühlskalte, aber sich sozial korrekt verhaltende Gesellschaft; auf der anderen Seite die Wärme einer kleinkriminellen Familie in prekären Verhältnissen. Diesen Kontrast unterstreicht Kore-eda sowohl visuell, erstmals in Zusammenarbeit mit Kameramann Kondo Ryuto, als auch akustisch durch die Musik des Komponisten Hosono Haruomi, die dem brüchigen Glück der Familie Shibata eine fast fröhliche Leichtigkeit verleihen. Statt mit dem düsteren Pathos sozialer Aussenseiter zeichnet Kore-eda seine einprägsamen Charaktere in «Shoplifters» mit einfühlsamer Menschlichkeit voller Würde und Poesie.
Mit «Shoplifters» gelingt dem japanischen Regisseur nach «Nobody Knows» (2004), «Like Father, Like Son» (Jurypreis Cannes 2013) und «Our Little Sister» (2015) erneut das einfühlsame Porträt einer Familie am Rande der japanischen Gesellschaft.