Dokumentarfilm von Vitaly Mansky
R/D/CS/LETT/CVR 2015, DCP, 106’, OV/d, ab 10 J.
Ein grossartig schlitzohriger Film über das Alltagsleben in Nordkorea: Während eines Jahres konnte der international renommierte russische Filmregisseur Vitaly Mansky mit Genehmigung der Regierung in Nordkorea drehen, dem am besten abgeriegelten Land der Welt. Im Mittelpunkt von Manskys Film «Under the Sun» steht der Alltag einer ganz gewöhnlichen Familie im – wie es seine Führer anpreisen – «besten Land der Welt». Wir sehen das kleine Mädchen Zin-Mi, wie es in der Hauptstadt Pjöngjang zur Schule geht oder am «Tag des strahlenden Sterns», dem Geburtstag des früheren Führers Kim Jong-Il, sich auf den Eintritt in die Kinderunion vorbereitet. Wir sehen die Mutter, wie sie in einem milchverarbeitenden Betrieb arbeitet, und den Vater, angeblich Ingenieur in einer Textilfabrik. Doch das ist alles Schall und Rauch. Denn das Drehbuch, die Drehorte und die Protagonisten wurden von Nordkoreas Regierungsaufpassern choreografiert und die Dreharbeiten kontrolliert.
«Ich wollte einen Film über das reale Nordkorea drehen», sagt Vitaly Mansky: «Aber da gibt es kein reales Leben, so wie wir uns das vorstellen. Da ist nur die Erfindung eines Abbilds des Mythos eines realen Lebens. Also drehten wir einen Film über gefälschte Realität.»
«Under the Sun» zeigt uns die zurechtgerückten Ereignisse, Handlungen und Aussagen. Gleichzeitig aber enthüllt der Film auf geniale Weise die Wirklichkeit hinter den idealisierten Bildern. Auf die Methoden des Undercoverjournalismus zurückgreifend, macht Mansky sichtbar, wie die Aufpasser des Regimes Regieanweisungen geben und den Auftritt ihrer Landsleute inszenieren. Der Lack bekommt Risse; die Realität hinter dieser gigantischen Manipulation wird erlebbar.
«Die Fragen über Menschen und ihre Sozialisierung in einer Diktatur und über die unscharfe Grenze zwischen Inszenierung und Authentizität machen ‹Under the Sun› zu einer faszinierenden Dokumentation über Nordkorea. Beeindruckend ist, wie ästhetisch reizvoll Manskys Film dieses Land mit seinen Menschen einfängt, das wir sonst nur in Form von offiziellen Propaganda-Videos oder verwackelten Undercover-Kameramitschnitten kennen.» (Anselm Huppenbauer, cinemaforever.net)