Spielfilm von Nuri Bilge Ceylan, mit Aydin Doğu Demirkol (Sinan), Murat Cemcir (Idris), Bennu Yildirimlar (Asuman), Hazar Ergüclü (Hatice) u.a.
TR 2018, DCP, OV/d, 188', ab 16 J.
Nach Abschluss des Studiums kehrt Sinan in sein anatolisches Heimatdorf zurück – fest entschlossen, seinen ersten Roman «The Wild Pear Tree» herauszugeben. Doch der Schuldenberg seines spielsüchtigen Vaters erschwert seinen Autorentraum. Seinen Platz im Leben und der alten Heimat suchend, trifft Sinan auf unterschiedliche Menschen, darunter Freunde von früher, eine alte Liebe und einen lokalen Schriftsteller. Nach dem Cannes-Sieger «Winter Sleep» dringt Filmemacher Nuri Bilge Ceylan noch tiefer vor zum Zauber des Literarischen im Kino.
«In der Schule wie in der Kultur hat man es in der Türkei von heute nicht einfach. Freies Denken ist nicht erwünscht und schädlicher als Rauchen. Es könnte Fragen stellen oder sich lustig machen, beides Dinge, die Autokraten nicht mögen. Aber Nuri Bilge Ceylan ist kein Filmemacher, der seine Lebenszeit mit dem Oberflächenhandwerk Politik vergeuden möchte. Seine Filme sind existenzielle, und dadurch werden sie erst recht politisch. Hier visualisiert er wie gewohnt bestechend und dialogisiert in literarischer Grösse. Die Bilder geben der Sprache Raum, im Ton wirkt auch ein Schweigen oder der Hauch des Windes ausdrucksstark. Und wann hat man im Kino zuletzt so abgehoben bei einem Kuss wie hier am Brunnen bei den Bäumen? Einem Ceylan-Film sollte man offen begegnen, dann wünscht man nach drei Stunden, das Schauen und Lauschen mögen noch lange dauern. Der Türke schafft es, uns gar nicht merken zu lassen, dass er am Erzählen ist, während seine Kamera doch nur mal diese oder jene Szene diskret betrachtet. Kein Filmemacher ist heute so nah am Literarischen und gleichzeitig so unaufdringlich stark visuell.» (Walter Ruggle, trigon-film)