Dokumentarfilm von Carmen Losmann, mit Alexander Steinmetz, Annette Labode, Michael Schmid, Martin Meyer, Svantje Oldörp, Christian Thiemann u.a.
D 2012, Digital HD, 90', D (OV)/f, keine Altersbeschränkung
Warum führt die Abschaffung der Stempeluhren in der modernen Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft dazu, dass Menschen nicht weniger, sondern mehr arbeiten? Und wie hängt das mit der Entgrenzung der Arbeit durch die Möglichkeiten der IT-Technologie zusammen?
Carmen Losmann bietet abgründige Innenansichten der postindustriellen Betriebswirtschaft. Die Kamera gleitet durch High-Tech-Bürowelten, deren Wohlfühldesign die Angestellten auf keinen Fall daran erinnern soll, dass sie arbeiten. «Non-territoriale» Arbeitsplätze motivieren die «multimobilen Knowledge-Worker» zu informeller Kommunikation, denn diese fördert die Kreativität. Effizienzsteigerungsmassnahmen erfordern Anpassungsleistungen der Mitarbeitenden – ein «Change-Management» wird eingesetzt. Manager üben in Outdoor-Trainings «Team-Building-Skills» ein. Es kommen professionelle «Human-Resource-Management-Firmen» zum Einsatz, um für Unternehmen das Beste herauszuholen aus der «Ressource Mensch»: In «Assessments» werden Arbeitskräfte aussortiert, in «Potenzialanalysen» benennen Mitarbeitende ihre Stärken und Schwächen und demonstrieren ihre Leistungsbereitschaft. Der sektiererische Jargon verrät die verinnerlichte Ideologie der «Selbstoptimierung», in der Selbstkontrolle und -disziplinierung den Chef ersetzt haben.Und Losmann entlarvt mit ihren «Einsichten» in futurologische Arbeitswelten diesen neuen digital unterstützten ökonomischen Totalitarismus, der die Menschen psychologisch ausbeutet und mental versklavt.
«Mit seinem ruhigen, zurückhaltenden Stil, der erkennbar durch die Arbeiten Harun Farockis beeinflusst ist, gelingt dem Film eine beunruhigende Bestandsaufnahme des ‘Kapitalismus als Religion’, wie Walter Benjamin das einst nannte.» (Rüdiger Suchsland, Frankfurter Allgemeine, 12.4.2012)
So, 17. Juni, 11 Uhr: Einführung und Vorfilm aus dem unveröffentlichten Filmarchiv von Sulzer.