Spielfilm von Tomasz Wasilewski, mit Julia Kijowska, Magdalena Cielecka, Dorota Kolak, Marta Nieradkiewicz, Tomasz Tyndyk, Andrzej Chyra, Łukasz Simlat u.a.
PL/S 2016, 104', DCP, OV/d
Kurz nach dem Mauerfall sucht sich die polnische Gesellschaft Anfang der Neunzigerjahre nach einer Ära der Stagnation neu zu finden. Schulen erhalten den Namen «Solidarność», erste westdeutsche KurpatientInnen bringen Devisen ins Land, Pornovideos machen die Runde und das Fernsehen wiederholt Bilder vom Prozess gegen den rumänischen Diktator Ceaușescu. Vom äusseren Umbruch kaum berührt scheinen dagegen die privaten Gefühle. Vier miteinander verknüpfte Episoden erzählen aus dem Leben von vier Frauen auf der Suche nach Glück und Erfüllung – und deren Versuch, einer lust- und körperfeindlichen Umgebung zu entfliehen: Agata, die heimlich einen Priester beobachtet, weil sie sich zu ihm hingezogen fühlt, die Schuldirektorin Iza, die seit Jahren ein Verhältnis mit einem verheirateten Arzt hat. Die Russischlehrerin Renata, die die Nähe zu ihrer jungen Nachbarin, der Sport- und Tanzpädagogin Marzena sucht. Und Marzena selber, die von einer internationalen Karriere als Model träumt. Die Einzelschicksale sind verdichtet zu einem Porträt einer Gesellschaft im Übergang.
«Von Aufbruch mag das erste noch munter farbgetupfte Bild künden, das die ProtagonistInnen bei einem familiär-nachbarschaftlichen Namenstagsfest zusammenführt. Die neue Zeit ist zwar offiziell da, äussert sich aber sogleich in offenkundiger Abwesenheit (etwa eines Ehemanns, der in Deutschland arbeitet und zur Feier eine Videokassettenbotschaft schickt). Und als die eigentlichen Geschichten beginnen, die Wasilewski nach eigenem Drehbuch eher Stück für Stück ausbreitet, sickert Abwesenheit immer abstrakter und abgründiger ein. Was fehlt diesen Leuten? Ziemlich alles. Und wie kommen sie damit klar? Traurig, böse, sonderbar.» (Jan Schulz-Ojala, der Tagesspiegel, 19.2.2016)